Provisionsdeckel oder nicht? Eine Diskussion, die längst die Politik erreicht. In unserem  Gastbeitrag erklärt Ingo Schröder, Geschäftsführer von maiwerk Finanzpartner und Jungmakler-Finalist, was für Kunden, die eine Finanzberatung in Anspruch nehmen wollen, wichtig ist.

Provisionsdeckel oder Provisionsverbot. Die Richtung, die die Politik einschlägt, scheint eindeutig: Mehr Transparenz für den Kunden und weniger Provision für den Vermittler. Aus unserer Sicht gibt es für dich als Verbraucher nur einen Weg, der es dir ermöglicht, frei zu entscheiden, welche Finanzberatung für dich die beste Wahl ist. Welcher das ist und welche Tipps du unbedingt vor einer Finanzberatung beachten solltest, das erfährst du in diesem Beitrag.

In Deutschland gibt es verschiedene Arten von Vermittlern. In aller Regel wird ein Vermittler über eine Provision vergütet. Die Provision erhält er zum Großteil für die Vermittlung eines Vertrags. Einen kleinen Teil bekommt er für die fortlaufende Betreuung. Seit Jahren versucht die Politik nun, das Problem ausufernder Provisionen durch deren Begrenzung in den Griff zu bekommen. Aus staatlicher Sicht haben die Eingriffe aber keine zufriedenstellende Wirkung gezeigt, sodass die Bezahlung der klassischen Vermittler abermals beschnitten werden soll.

Ob das aus der Perspektive der Vermittler fair ist, können und wollen wir an dieser Stelle gar nicht beurteilen. Wir möchten einen radikaleren Weg vorschlagen, welcher dem Kunden eine neutrale Entscheidungsgrundlage bei der Beraterwahl bietet und bei dem er nach dem ersten Gespräch weiß, wie hoch die Kosten für die Beratung sein werden. Ohne komplizierte Kostenausweise und ohne verzwickt gestaltete Versicherungsprodukte, die es selbst vielen Vermittlern verwehren, sich einen Überblick über die genauen Kosten zu machen.

Status Quo

Momentan erhält der Vermittler, Versicherungsmakler, der Strukturvertrieb oder die Bank eine abschlussorientierte Provision in Höhe von 2,5 bis 4% der Beitragssumme.

Nach folgender Formel berechnest du die Beitragssumme bei Lebens-/Rentenversicherungen und Berufsunfähigkeitsversicherungen:

Monatlicher Bruttobeitrag x 12 Monate x Laufzeit in Jahren

Beispiel: 200€ Monatlicher Bruttobeitrag x 12 Monate x 30 Jahre Laufzeit
= 72.000€

Zumindest macht dies oberflächlich betrachtet oft den Anschein. Aus Erfahrung und dem Kontakt mit internen Kreisen wissen wir, dass die Provision – angefangen bei Versicherungsvermittlern und Versicherungsmaklern bis hin zu Strukturvertrieben – zum Teil deutlich höher liegt. Diese wird aber nicht offiziell als Abschlussprovision ausgewiesen, sondern über die laufenden Kosten eines Vertrags – quasi die Kontoführungsgebühren – verrechnet. So kommen häufig 5bis 6% tatsächliche Provision zu Stande. Dass das dem Verbraucher gegenüber weder fair noch transparent ist, ist offensichtlich. Ein Provisionsdeckel ist hier also aus unserer Sicht mehr als überfällig.

Zudem wissen einige Vermittler – allen voran Mitarbeiter von Strukturvertrieben und Banken – oft gar nicht, wie hoch die Abschlussprovisionen wirklich sind. Sie bekommen nur einen Teil vom Kuchen ab. Die Höhe der verschiedenen Kosten in einem Vertrag ist ihnen häufig unbekannt und wird als weniger wichtig abgetan.

Doch was ist eigentlich die Sichtweise eines Versicherers, Strukturvertriebs oder eines Vermittlers?

Die Sicht eines klassischen Vermittlers

Viele Vermittler und Banker kommunizieren dem Kunden, dass ihre Beratung oder Überprüfung von Verträgen umsonst sei – also ohne Kosten. Zudem wäre ein Großteil der Kunden auch nicht dazu bereit, für eine Beratung – ähnlich wie bei einem Anwalt – Geld zu zahlen. „Die Verkäufer im Media Markt müssen ja auch nicht offenlegen, wieviel sie daran verdienen, wenn sie dir einen Fernseher verkaufen“ sagte mal ein Kollege aus unseren Strukturvertriebszeiten zu uns. Da hat er recht. Die Frage, ob er sich mit einem Verkäufer vergleiche, der Menschen Fernseher verkauft, verneinte er allerdings. Finanzentscheidungen, die oft einen jahrzehntelangen Einfluss mit mehreren hunderttausend Euro haben mit einem Fernsehkauf zu vergleichen, ist ohnehin absurd. In der heutigen Zeit wollen die meisten Vermittler als ganzheitliche Dienstleister gesehen werden und eben nicht als Produktverkäufer.

Doch warum gehen dann viele nicht völlig offen damit um, was sie verdienen? Wenn ich einen Maler engagiere, der mir die Wohnung streichen soll, betrachtet er in aller Regel kostenfrei den Ist-Zustand und macht mir einen Kostenvoranschlag. Ich weiß also genau, was auf mich zukommt, kann zwischen verschiedenen Dienstleistern vergleichen und eine entsprechende Entscheidung treffen. Diese Entscheidungsgrundlage hat man als Verbraucher bisher nicht. Warum ist das so? Weil es keine einheitliche Regelung zur Bezahlung eines Vermittlers gibt. Angestellte Banker bekommen ihr Gehalt, aber die Bank erhält die Provision. Vermittler, Versicherungsmakler und Strukturvertriebler erhalten die Provision entweder direkt vom Versicherer oder über ihre Firma. Honorarberater verlangen ein Honorar – ähnlich wie der Handwerker. Dafür enthält der Vertrag keine Provision. Bei all diesen Varianten gibt es für den Kunden keine Möglichkeit, einheitlich zu vergleichen. Bei diesem Problem spielen die Versicherungen und Strukturvertriebe eine große Rolle.

Die Sicht eines Versicherers oder Strukturvertriebs

Versicherer und Strukturvertriebe haben einen enormen Einfluss auf die Politik, wenn es um die Finanzberatung und die Ausgestaltung von Gesetzen zu Produkt- und Kostenregeln geht. Die Deutsche Vermögensberatung (kurz DVAG) gehört laut LobbyControl zu den Großspendern im Wahlkampf. Der ehemalige Bundesminister für Gesundheit, Daniel Bahr, wurde 2014 Manager für die Allianz Private Krankenversicherung. Immer wieder lässt sich beobachten, dass Gesetzesentwürfe, die die Strukturvertriebe oder Versicherer beziehungsweise deren Vermittler einschränken würden, zu ihren Gunsten verändert oder aufgeweicht werden. Gerade wenn es darum geht, die Kosten transparenter zu machen oder gar die Provision abzuschaffen, herrscht Lobbyismus vor. Grundsätzlich lässt sich aus Sicht der Versicherer und Strukturvertriebe dagegen gar nichts sagen. Aus Sicht des Verbrauchers sieht dies aber völlig anders aus.

Versicherer und Strukturvertriebe müssten bei Abschaffung oder drastischer Deckelung der Provision ein zentrales Steuerungsinstrument abgeben. Gerade bei Strukturvertrieben würde es dafür sorgen, dass jeder Mitarbeiter weiß, was dasUnternehmen und seine Führungskräfte verdienen. Wenn man hingegen gar nicht oder nicht genau weiß, was an der Konzernspitze verdient wird, ist man froh über jeden Bonus, jedes Incentive oder sonstige Vergütungen. Möglichem Neid und Forderungen der Mitarbeiter, ein größeres Stück vom Kuchen abhaben zu wollen, wird clever vorgebeugt.

Ein Problem mit der Provision?

Versicherer können mit der Provision zudem geschickt Vertriebe und Vermittler steuern. So ist der Anreiz, ein bestimmtes Produkt zu vermitteln, natürlich deutlich größer, wenn die Provision höher ist. Würde keine Provision mehr vom Kunden verlangt werden dürfen, die man dann dem Vermittler gutschreibt, müsste der Vermittler dem Kunden selbst eine Rechnung stellen. An dieser Stelle möchten wir nochmal auf das Beispiel mit dem Maler zurückkommen. Aktuell ist es also im übertragenen Sinne so, dass der Maler uns nicht selbst die Rechnung stellt, sondern der Farbenhersteller die Farbe so teuer macht, dass der Maler quasi umsonst arbeitet.

Der Versicherer hat also scheinbar keinen Einfluss mehr auf die Produktauswahl. Aber hat er den wirklich nicht? Es gibt einen Weg, der dieses Problem lösen könnte. Doch diesen Weg konsequent zu gehen scheuen noch viele Versicherer:leistungsstarke, transparente und preiswerte Produkte anzubieten, die ein Vermittler aus objektiven Gründen und nicht aus eigenökonomischen Motiven vermittelt. Noch besser wäre es, Produkte so einfach zu gestalten, dass ein Verbraucher sie ohne oder mit nur wenig Hilfe verstehen kann.

Der Lösungsvorschlag

Es sollte keine Abschlussprovision und laufende Provision mehr für Lebens- oder Rentenversicherungsprodukte (z.B. Riester-Rente, Rürup-Rente, private Rentenversicherungen oder betriebliche Altersvorsorge), Versicherungen mit biometrischen Risiken (z.B. Berufsunfähigkeitsversicherung & private Krankenversicherung) oder Investmentprodukte (z.B. offene oder geschlossenen Fonds, Beteiligungen oder sonstige Investmentprodukte) erhoben werden dürfen. Stattdessen bezahlt der Kunde den Vermittler direkt.  Jeder Vermittler und Strukturvertrieb stellt seine Rechnung selbst und bestimmt auch selbst die Höhe. Dabei ist es jedem freigestellt, ob er die Rechnung aufwandsorientiert stellt also auf Basis eines Stundenlohns kalkuliert oder die Höhe anhand der Beitragssumme (wie bisher auf Provision) ausrichtet.

Die Lösung aus Verbrauchersicht

Für den Verbraucher wäre es das Beste, wenn die Provision gänzlich abgeschafft werden würde. Versicherer müssten mit ihren Produkten automatisch mehr in den Wettbewerb um den Kunden gehen. Denn wie beim Maler gibt es dann zwei Möglichkeiten: Entweder ich kann mir einen Maler leisten, der mir die Aufgabe abnimmt oder ich streiche die Wohnung selbst und vergleiche für mich passende Produkte. Allerdings wird das Selbststreichen bisher kaum möglich. Daher müssen die Produkte transparenter und verbraucherfreundlicher werden. Wenn Versicherer die Provision nicht mehr in die Produkte einberechnen müssten, wären diese zudem günstiger in der Verwaltung. Dies für den Verbraucher und ironischerweise auch für den Versicherer. Wir wissen aus internen Quellen, dass sich ein Provisionsvertrag für einen Versicherer oft erst nach 12 bis 15 Jahren rechnet, ein provisionsfreier Vertrag (eine sogenannte Nettopolice) hingegen schon nach 4-5 Jahren.

Ohne Provision hätte jede Vermittler-Variante die gleiche Bezahlungsgrundlage. Bei Bankern, Versicherungsmaklern, Strukturvertrieblern als auch bei Honorarberatern wäre dies gleichermaßen eine selbst gestellte Rechnung, die dem Verbraucher eine neutrale Vergleichsmöglichkeit bietet.
Er könnte für sich abwägen, ob er bereit ist, einen höheren Preis für mehr Qualität zu zahlen oder ob er eher eine preisorientierte Lösung wählt.

Die Lösung aus Vermittlersicht

Wie viele Veränderungen sorgt auch der Vorschlag des Provisionsverbots für Unmut und Ablehnung. Doch was genau wird hier eigentlich abgelehnt? Für den Vermittler selbst ändert sich vermeintlich nicht viel. Was er zuvor als Provision erhalten hat, verlangt er nun als Honorar vom Kunden. Viele Vermittler werden sich fragen, welcher Kunde etwa 2.800€ Honorar auf einmal zahlen würde.

Randbemerkung: Das wäre die Provision, die ein Vermittler im Schnitt für einen Vertrag in dem oben genannten Beispiel erhält.

Doch welcher Kunde hätte 2.800€ Provision gezahlt, wenn er gewusst hätte, dass die Kosten in seinem Vertrag auf diese Summe hinauslaufen? Unabhängig davon kann der Vermittler seine Rechnung – ähnlich wie es zum Beispiel Ärzte machen – an einen Drittanbieter abtreten. Der Vermittler erhält seinenRechnungsbetrag sofort in voller Höhe und der Verbraucher kann seine Rechnung innerhalb von beispielsweise 60 Monaten Stück für Stück abzahlen. In unserem Beispiel wären das 46,66€ pro Monat. Genauso macht es der Versicherer übrigens heute bereits mit der Provision – nur nicht so transparent.

Der Vermittler hätte nun die Möglichkeit, für sich abzuwägen, welchen Weg er gehen möchte. Er kann einerseits auf Stundenbasis arbeiten und sich – wie jeder Unternehmer – seinen notwendigen Stundenlohn unter Berücksichtigung aller Kosten errechnen. Oder er verlangt weiterhin eine beitrags- und abschlussorientierte Vergütung.

Fazit

Durch das Provisionsverbot und die Vereinheitlichung der Bezahlweise würden die Produkte einfacher und transparenter werden. Der Verbraucher hätte eine klare Möglichkeit, auf Basis der Rechnungshöhe und der zugehörigen Leistung zu vergleichen. Er kann entweder zu Berater A gehen, der 2.800€ verlangt, ihm aber die Möglichkeit einräumt, die Rechnung über fünf Jahre mit 46,66€ abzuzahlen oder zu Berater B, der 1.500€ sofort für seine Dienstleistung aufruft. So hätte der Verbraucher eine neutrale Entscheidungsgrundlage und der Kunde könnte entscheiden, welches Geschäftsmodell und welcher Dienstleister besser zu ihm passt. Vor allem wäre aber etwas für die Transparenz und damit den Ruf der Branchegetan. Dies wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Titelbild: ©JenkoAtaman/ stock.adobe.com

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Ingo Schröder, Gründer und Geschäftsführer von maiwerk Finanzpartner bietet mit seinen beiden Geschäftsführerkollegen eine hybride Honorarberatung als Lösung für Endkunden an. Dabei fokussiert er sich auf innovative Geschäftsmodelle und digitalisierte Prozesse um einen nachhaltigen Wandel in der Finanz-/Versicherungsbranche zu bewirken.
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Ingo Schröder, Gründer und Geschäftsführer von maiwerk Finanzpartner bietet mit seinen beiden Geschäftsführerkollegen eine hybride Honorarberatung als Lösung für Endkunden an. Dabei fokussiert er sich auf innovative Geschäftsmodelle und digitalisierte Prozesse um einen nachhaltigen Wandel in der Finanz-/Versicherungsbranche zu bewirken.

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